Geschrieben von Gorlon am 06.06.2008 um 15:18:
Klimawandel bringt neue Krankheiten
Durch den anthropogenen Klimawandel werden zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte selbstverursachte globale Umweltveränderungen verantwortlich sein für eine Zunahme von Krankheiten und Todesfällen in einigen Gebieten. Direkte Auswirkungen wird der Klimawandel durch die Zunahme von Hitzeperioden haben, die vor allem bei Menschen mit Kreislaufproblemen die Todesrate erhöhen kann. In anderen Gebieten wird der anthropogene Klimawandel durch eine Verringerung der Zahl extrem kalter Tage aber auch positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben.
Von größerer Bedeutung als die direkten werden wahrscheinlich die indirekten Folgen einer anthropogenen Klimaänderung sein. Hier ist vor allem an Krankheiten zu denken, die durch verschiedene Überträger (Vektoren) wie Insekten oder Nagetiere verursacht werden. Viele Vektor-Organismen regulieren ihre Körpertemperatur nicht selbst und sind deshalb in ihrer Verbreitung und Reproduktion stark von der Temperatur, aber auch von anderen klimabedingten Umweltfaktoren wie Oberflächenwasser, Feuchtigkeit, Wind, Bodenfeuchte, Waldverbreitung usw. abhängig. Für die Übertragung vieler Vektor-Krankheiten liegen die günstigsten Temperaturen bei 30-32 oC. Wenn sich die Temperatur von Gewässern erhöht, reifen die darin befindlichen Larven von Mosquito-Arten wie Anopheles gambiae, Aedes aegypti u.a., die für die Übertragungen der meisten Vektorkrankheiten verantwortlich sind, schneller, wodurch mehr Nachwuchs produziert wird. In einem wärmeren Klima verkürzt sich die Inkubationszeit der Malariaparasiten und Viren in den Mosquitos, wenn die Temperatur steigt. Auch höhere Niederschläge können die Anzahl und Qualität der Brutplätze für Vektoren steigern, abnehmende Niederschläge erschweren dagegen deren Überleben.
In Modellrechnungen ist versucht worden, die Auswirkungen einer möglichen Klimaänderung auf das Übertragungspotential von Malaria zu bestimmen. Bei einem Temperaturanstieg um 3-5 oC bis zum Jahre 2100 wird sich hiernach die Übertragungsgefahr von Malaria in tropischen Regionen verdoppeln und in gemäßigten Gebieten sogar mehr als verzehnfachen. Auch in Mitteleuropa muss mit einer künftigen Ausbreitung von Malaria gerechnet werden. Insgesamt wird sich in der zweiten Hälfte des nächsten Jahrhunderts der Anteil der Weltbevölkerung, der in malariagefährdeten Gebieten lebt, von gegenwärtig 45% auf 60% erhöhen. Im Jahre 2080 wird es durch den Klimawandel ca. 450 Millionen Menschen mehr in durch Malaria gefährdeten Gebieten als 1990 geben.